Bikois Traum vom Profi-Fußball
Junger Kameruner will Nullacht als Sprungbrett nutzen
Auch beim FSV 08 Bietigheim-Bissingen gehen Jahr für Jahr jede Menge Schreiben samt Video-Aufnahmen, Statistiken und Viten ein, in denen sich Fußballer beim Oberliga-Klub vom Bruchwald bewerben. Jetzt gab es etwas Besonderes: Ein Spieler aus Zentralafrika, der dort nach eigenen Angaben in der Première-Division eingesetzt war, hat angeklopft.
Der gute Mann stammt aus der Küstenstadt Douala, der ökonomischen, 3,5 Millionen Einwohner großen Hauptstadt Kameruns. Von dort ist der 24-jährige Bikoi Jean Louis zusammen mit seiner Freundin und kleinem Sohn geflüchtet, weil er nach seinen Worten in dem laut freier Internet-Enzyklopädie autoritär regierten, die Meinungsfreiheit und Menschenrechte negierenden 28-Millionen-Einwohner-Land bedroht wurde.
Im Mai dieses Jahres gelang dem Trio die Flucht nach Deutschland. Inzwischen leben die drei Asylbewerber im südlich gelegenen Stadtteil von Stuttgart, Fasanenhof.
Weil Bikoi durch und durch Fußballer ist und nichts anderes gelernt hat, will er natürlich auch hier weiter kicken. Zuhause stürmte er nach seinen Worten in der kamerunischen Première-Division, also der höchsten Republik-Liga. Über eine bekannte Internetsuchmaschine stieß er auf den Fußball-Sport-Verein 08 Bietigheim-Bissingen und gehört dort nun testweise vorerst mal dem Bezirksliga-Team an.
Und von diesem ist der sympathische, ehrgeizige Sportler angetan. „Das ist eine gute Truppe. Hier wird professionell und dynamisch gearbeitet“, übersetzte Dolmetscherin Sarah Parmentier aus dem Französischen Bikois erste Eindrücke. Er nannte auch gleich die Unterschiede zwischen den beiden Fußball-Nationen: Hier professionelle Infrastruktur, Schwerpunkte auf Taktik und Technik – dort, bei den „Unbezähmbaren Löwen“, dem fünffachen Afrika-Cup-Sieger in der einstigen deutschen Kolonie, spiele man viel mehr körperbetont.
Ob er jemals seinen bisher hehren Traum vom Profi-Fußball realisieren kann? Die 08-U23-Coaches Imran Halilovic und Franco Buono jedenfalls geizen nicht mit guten Prädikaten: „Man merkt, dass er höherklassig gespielt hat. Er ist sehr schnell, zielstrebig und spielt körperlich robust; ein Typ, der am liebsten mit dem Kopf durch die Wand will“, lautete ihre erste Einschätzung. Ergänzt durch den Hinweis darauf, dass der Kameruner in der Mannschaft gut ankomme. „Er ist ein sehr, sehr feiner Junge“, so Halilovic.
Über die Winterspielpause soll der Offensiv-Kicker aus dem armen Land der Fußballverrückten weiter getestet werden. Möglicherweise wäre er ja auch gut fürs 08-Oberliga-Team – oder eben für noch höhere Regionen.
(wch)